5/5 - (1 vote)

 

Von der Kunst ein Künstler zu sein

 

Die freiberufliche Feuerkünstlerin Annelie Krüger, auch bekannt unter dem Namen „Firegirl Angelina“ ist seit 2013 Mitglied im Feuershowteam „Beauty & Fire“ und seitdem selbstständige Künstlerin.

 

Seit Anfang an werden ihr immer wieder die gleichen Frage gestellt:

 

„Machst Du das hauptberuflich“  und

„Wie bist Du dazu gekommen Feuerkünstlerin zu werden?“

 

Geplant war es so natürlich nicht,  Feuerkünstler bzw. Feuerkünstlerin wird man ja nicht einfach über Nacht, schon gar nicht wenn man aus einem gut bezahlten Angestelltenverhältnis  mit 30 Tagen Urlaub und normalen Arbeitszeiten kommt.

„Ich habe mich oft gefragt, ob der Schritt in die Selbstständigkeit der richtige Weg ist und es das wert ist, alles eben Aufgezählte aufzugeben.

Eines weiß ich heute, es benötigt in jedem Fall viel Mut, Ausdauer und einiges an Startkapital. Ohne kritisches Gegenüberstellen von Pro und Contra, gutes Zureden und lange intensive Gespräche mit meinem Mann und Showpartner hätte ich diesen Schritt nie gewagt. “

 

Was heißt es nun, selbstständiger Künstler zu sein und von der Hand in den Mund zu leben?

 

Eine Ausbildung dafür gibt es nicht! Grundvoraussetzung für diesen Job ist ganz sicher die eigene Kreativität, das Talent und das handwerkliche Geschick.

Logisch – ein Sportler sollte auch sportlich veranlagt sein, um Erfolge zu erzielen und einen Fuß vor den anderen setzen zu können…

Grobmotoriker und Theoretiker sind leider fehl am Platz, Du musst ein Macher sein!

Zudem wäre es von Vorteil eine gewisse Bühnenpräsenz mitzubringen und eine gewisse Aura auszustrahlen, abgesehen von einer großen Portion Ehrgeiz und Selbstbewusstsein, sonst macht man sich ganz schnell zum Kasper!

Schüchterne, graue Mäuse haben weniger gute Chancen erfolgreich durchzustarten.

Ein Konzept ist der erste wichtige Schritt, nicht schauen, was die anderen machen – eigene Sachen entwickeln! Was will ich darstellen, wie will ich es darstellen und zu welcher Musik?

Mit welchen Requisiten möchte ich arbeiten und was kann ich meinem Publikum bieten?

Einfach eine Fackel auspacken, ökologisch auszusehen und drauflosfeuern – das geht definitiv in die Hose! Man muss Geschicklichkeit und für jeden Anlass Feinfühligkeit mitbringen, um den richtigen

Geschmack der Zuschauer zu treffen, das ist ohne langjährige Erfahrung schwierig!

Als freiberuflicher, selbstständiger Künstler ist man eben leider nicht nur Künstler, sondern auch Bürokraft, Koordinator, Organisator, Verkäufer, DJ, Wetterfrosch, Grafiker, SEO- und Werbefachmann, Steuerberater u.v.m.!

Kein Wunder, dass einem da schnell der Kopf brummt und man überfordert ist, starke Nerven und Ruhe sind gefragt!

 

Feuershowteam „Beauty & Fire“

Diese tollen Anmerkungen von wegen „das ist ja mal ein schöner Stundenlohn und leicht verdientes Geld!“ Ganz im Gegenteil! Das Künstlerdasein ist ein harter Job wie so manch anderer, zu 365 Tagen im Jahr, ob Sommer oder Winter,

Frühling oder Herbst und jedes Mal mit Hoffen und Bangen verbunden, ob das Wetter mitspielt und man seine alltäglichen Ausgaben bezahlen kann, denn mit dem

Geld kann man erst rechnen, wenn man es in der Tasche hat, abgesehen vom Verkauf, der auch nicht einfach reibungslos läuft, denn die Kunden,

die eine Feuershow buchen, fragen meist noch bei mehreren Konkurrenten an oder melden sich nach mühevoller Angebotserstellung gar nicht mehr.

Oft weiß man nicht, woran man ist und nicht jede Anfrage ist auch gleich eine Buchung! Schön wäre es ja!

Momentan denken ja alle, schnell auf den Zug des Künstlerdaseins aufzuspringen und sich eine goldene Nase zu verdienen.

Sei fleißig und es wird dir gut gehen, reich wirst du hiervon aber definitiv nicht und die Tage des Künstlerdaseins sind gezählt, denn auch an uns Künstlern nagt der Zahn der Zeit.

Unser Job bedarf ein dickes Fell und auf jeden Fall Ausdauer, denn die Aufträge kommen nicht von alleine.

Es muss eine professionelle Webseite erstellt werden, die allen heutigen Richtlinien entspricht und Google-konform ist.

Vom kompletten Erstellen mit Fotos und Texten können bis zur Anmeldung und Freigabe locker Monate vergehen, das der Spaß viel Geld kostet, steht außer Frage.

Wenn man all diese Hürden bewältigt hat, kann man gut trainiert starten. Ein gutes Aussehen ist übrigens von Vorteil, weiterhin muss man sportlich und tänzerisch begabt sein.

Ihr müsst auch Autofahren und navigieren können, denn wenn ihr einen Chauffeur arrangiert, der euch von A nach B fährt, könnt ihr gleich zuhause bleiben, das schwer verdiente Geld wäre futsch.

Wir arbeiten deutschlandweit – ohne Moos nix los! Man muss flexibel sein und eben dort arbeiten, von wo die Aufträge gerade kommen.

Mit dem 15 bis 25 minütigen Auftritt ist es ja auch nicht getan, denn man hat für jede Show eine gewisse Vor- und Nachbereitungszeit sowie die An- und Abfahrt, teilweise bzw. oft nachts, da Feuershows nun mal leider erst im Dunkeln wirken.

Da kommen auch locker 8-12 Stunden oder noch mehr zusammen.

Das Equipment muss präpariert, gesäubert und gepflegt werden, das Auto muss gepackt, die passende Musik und Kostüm ausgewählt werden.

Auf ins Auto und los zur Veranstaltung – nach der jeweiligen Fahrtzeit geht’s ans Ausräumen, Aufbauen und erst einmal muss der richtige Platz für die Show gefunden werden.

Wenn dann auch noch das Wetter mitspielt kann die Show beginnen. Aber das ist das Wenigste.

Danach geht’s zur nächsten Show oder eben wieder nach Hause. Dort wird alles wieder ausgeladen, gesäubert, aufgefüllt, gepflegt u.s.w.

Nebenbei muss man auch 24 Stunden für seine Kunden erreichbar sein – wenn nicht, ist der Kunde weg und bucht woanders! Ein hartes Geschäft!

Man muss telefonieren, beraten, Angebote und Verträge schreiben, arbeiten, wenn andere feiern, 365 Tage im Jahr, auch sonntags und an Feiertagen!

Hat man in der Regel von montags bis donnerstags keine Shows, so kann man nicht relaxen, sondern muss üben, neue Ideen entwickeln, besichtigt Auftrittsplätze, lernt neue Tricks, muss Angebote schreiben, Anfragen beantworten,

auf Kundenakquise gehen, sich mit der Homepage, dem Ranking bei Google und SEO beschäftigen.

Wer hier nicht ehrgeizig ist, kann von diesem Job allein nicht leben!

Als Künstler hat man kein geregeltes Einkommen, keine festen Urlaubszeiten, bekommt kein Weihnachts- oder Urlaubsgeld oder wird sonst wie unterstützt.

Man ist völlig auf sich alleine gestellt und das bedeutet, dass es ohne Fleiß keinen Preis gibt und es in den Wintermonaten, wo weniger zu tun ist, finanziell düster aussehen kann, trotz der Ausgaben,

die darauf keine Rücksicht nehmen und trotzdem bezahlt werden müssen (z.B. Krankenkasse, Steuern, Materialien, Werbung etc.)

Das Künstlerdasein ist also kein Pflaster auf dem man sich ausruhen kann, reich wird man woanders!

Es bietet einem aber in jedem Fall die Möglichkeit, mit den verschiedenen Aufgaben zu wachsen, sich selbst zu entfalten, seinen kreativen Ideen freien Lauf zu lassen, selbstbewusster und pflichtbewusster zu werden und einfach selbstständig zu sein.